Susi Menzel


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Die kleine Weihnachtslokomotive

Eine Weihnachtsgeschichte von Susi Menzel

Die kleine Lok hatte sich in diesem Jahr hinter einem Tannenzweig versteckt, gleich nachdem sie von der Geschenkeauslieferungstour zurückgekommen war. Jeder dachte, die Rentiere seien die einzigen, die Weihnachten die Geschenke verteilen. Das stimmt aber nicht. Schon seit Jahrhunderten liefern auch die Lokomotiven Päckchen aus. Zuverlässig bringen sie die Geschenke in die Ecken der Länder, in die die Rentiere nicht hinkommen – oder nicht hinwollen. Vielleicht haben die auch keine Zeit vor lauter Presse- und Fernsehterminen, dachte die kleine Lok, gutmütig wie sie war. Sie glaubte immer noch an das Gute. Allerdings war sie auch ein wenig neidisch auf die Aufmerksamkeit, die die Rentiere erhalten. Genaugenommen war sie sogar außerordentlich neidisch. Diese hörnertragenden Vierbeiner taten so, als würden sie von alleine fliegen können, aber auch das stimmte nicht. Sie brauchten genauso den Geschwindigkeitsstaub, wie jeder Weihnachtspakete Auslieferer. Wie sonst hätten sie es in einer einzigen Nacht geschafft, überall gleichzeitig hinzukommen. Trotz der Zeitverschiebung in den einzelnen Regionen der menschlichen Welt, wäre das unmöglich. Und, genau wie bei den Lokomotiven war es nicht nur eine, die das bewerkstelligte, sondern ganz viele. Manchmal waren so viele Lokomotiven, Gespanne und was sonst noch zur Weihnachtsauslieferung zugelassen war, unterwegs, dass man im Himmel höllisch aufpassen musste, um nicht zusammenzustoßen.
Im letzten Jahr war die kleine Lok, von der wir hier erzählen, gar nicht zum Einsatz gekommen. Sie hatte Weihnachten eingewickelt im Karton auf dem Flur verbringen müssen. Unbeachtet, wie das ganze restliche Jahr. Eingepfercht mit vielen anderen Weihnachtsdekorationen. Das war so schrecklich gewesen. Alle haderten mit dem Schicksal. Sie heulten anfangs laut, dann immer leiser: „Werden wir jemals wieder hier raus kommen?“ Die kleine Lok schluchzte: „Hat man mich wirklich vergessen?“ „Mich auch?“ „Mich auch?“ Alle weinten. Sie waren alt, aber noch gut beieinander. „Sind wir nicht mehr schön genug?“ „Warum wollen sie uns nicht?“ „Sie haben uns doch so geliebt, als sie uns gekauft haben. Und nun sind wir überflüssig?“ „Mir geht es schon seit Jahren so“, jammerte eine uralte Silberspitze, „Auch wenn ich in Engelshaar und Lametta verpackt bin. Ich möchte auch mal wieder raus.“ Plötzlich schrie eine goldene Kugel: „Ich will hier raus!“ „Ich auch!!“ „Ich auch!!!“ Sie alle brüllten ihre Enttäuschung und ihre Wut und ihr Unverständnis hinaus. Aber niemand konnte etwas ändern. Sie blieben verpackt in einem Schrank auf dem Dachboden. Immer im Dunkeln.

Als die kleine Lokomotive in diesem Jahr doch wieder auf den Tisch im Wohnzimmer durfte, hatte sie sich etwas geschworen. „Ich gehe nicht mehr in den Karton zurück. Wer weiß, wann die mich wieder rausholen. Nee, nee! Dieses Mal büxe ich aus und suche mir etwas Neues!“

Etwas war zusätzlich frustrierend. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren die Geschenke manchmal fast zu wenig gewesen. Aber seit einigen Jahren kam die kleine Lok immer mit Päckchen zurück. Die Kinder bekamen so viele Geschenke, dass sie völlig überfordert waren. Und, man glaubt es kaum, manchmal wollten sei keine Geschenke mehr. Als die kleine Lok den Berg an Päckchen sah, den ein kleines Mädchen bereits von vielen Menschen vor Weihnachten bekommen hatte, war ihr klar, dass der Sinn des Weihnachtsfestes irgendwie abhanden gekommen war. Freude verteilen und als Dank in strahlende Augen gucken. Das war Weihnachten. Bei Kindern war die kleine Lok manchmal kurz stehengeblieben, um in die strahlenden Augen zu gucken.

Aber dieses Jahr war das kleine Mädchen so überwältigt, dass sie kleine Lok mit einer Handbewegung einfach wegfegte. Fast wäre sie durch den Schlag an die Wand geknallt. Vielleicht wäre sie dort sogar zersprungen, denn sie war aus Keramik hergestellt. Zwar war recht robust, sie musste ja immerhin durch viele Wolken und Wind und Wetter fliegen, aber wenn sie an eine Wand geworfen wird, würde auch sie zerschellen. Die kleine Lok war entsetzt. Das ein kleines Menschenkind sie, die Freude bringen wollte, sogar zerstören wollte. Wahrscheinlich nicht absichtlich. Wie gesagt, die kleine Lok glaubte an das Gute. Aber was war mit der Welt los, wenn sich die Menschenkinder vor lauter Überfluss nicht anders zu helfen wissen, als kleine Freuden harsch abzuwehren. Wohin waren wir nur gekommen?

Traurig hatte sich die Weihnachtslok neben den riesigen Haufen Geschenke gestellt. Eins war größer als das andere. Fast alles war technisches Spielzeug, batteriebetrieben oder mit Akkus zu bedienen.

Die kleine Lok spürte eine unglaubliche Wut in ihrem Inneren. Und dann tat sie etwas, was ihr vorher nie in den Sinn gekommen wäre. Sie klaute alle Akkus und Batterien der Spielzeuge. Bis auf einen. Sollte sich das Mädchen an Weihnachten mal mit nur einem einzigen Spielzeug beschäftigen. Das aber intensiv. Vielleicht ging es dann sogar nach draußen, um sich in der Natur umschauen? Das wäre doch mal ein Sieg. Aber so recht wollte die kleine Lok doch nicht daran glauben. Allerdings nahm sie sich in dem Moment vor, dass sie sich nach Weihnachten aufmachen würde, um Freude in der Welt suchen.

Deshalb also hatte sie sich nach den Auslieferungen versteckt. Auch ein Engel war dorthin geflüchtet. Auch er hatte absolut keine Lust, sich wieder für ein ganzes Jahr in einen Karton packen zu lassen. Er hatte einem blutjungen Weihnachtsmanngehilfen einen ganzen Sack Geschwindigkeitsstaub abgeschwatzt. Der würde deshalb natürlich Ärger bekommen, aber das war dem Engel egal. Na ja, nicht ganz, denn der Engel hatte ein großes mitfühlendes Herz und nahm den unerfahrenen Weihnachtsmann mit, nachdem der von den Älteren ausgestoßen worden war. Da stand er nun mit seinem Kostüm, dem falschen Bart, sein eigener war ihm noch nicht gewachsen, und haderte mit sich und den menschlichen Weihnachtsbräuchen.

Und so kam es, dass eine Weihnachtslokomotive, ein Engel und ein junger Weihnachtsmann gleich nach Weihnachten aus dem Haus reisten. Seitdem fliegen sie gemeinsam durch die Welt und suchen das ganze Jahr über Menschen, denen sie eine Freude machen konnten. Und siehe da, es gab viele Menschen, die das zu schätzen wussten. Sie erzählten beim nächsten Weihnachtsfest davon. Einige lachten darüber, andere hielten sie für verrückt, aber beide Fraktionen staunten über so viel Phantasie. Ob sie nun verächtlich, sarkastisch oder erzählend darüber redeten, sie sprachen darüber, dass ein paar seltsame Gestalten durch die Welt reisten, um Freude zu verbreiten. Was auch immer sie davon hielten, sie sprachen darüber und deshalb verbreitete sich diese seltsame Geschichte weiter und weiter und weiter.

Schöne Weihnachten wünscht Susi Menzel


Weihnachtslokomotive Engel auf Weihnachtslokomotive
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